Wie viel ist eigentlich eine Tonne CO2?

Wenn wir über den Klimawandel sprechen, begegnet uns die Einheit “CO2-Äquivalent in Tonnen” überall. Zumindest für mich war es schwierig, ein Gefühl dafür zu entwickeln, was diese Einheit bedeutet. Ist eine Tonne viel oder nicht? Lohnt es sich, ein Kilogramm CO2 einzusparen?

Ich möchte dir anhand einiger Beispiele helfen, die Bedeutung solcher Werte besser zu verstehen. Zunächst möchte ich dir einige typische CO2-Werte für die jährlichen Emissionen eines Menschen, das Autofahren und das Fliegen zeigen. Im zweiten Teil zeige ich dir dann drei Beispiele aus der IT: die CO2-Emissionen eines Servers, eines Mobiltelefons und einer Nachrichtenwebsite.

Die jährlichen Emissionen eines Menschen

Um dir eine Vorstellung von den Emissionen von CO2-Äquivalenten zu geben, betrachten wir die Zahlen der Schweiz:

Die innerhalb der Schweiz 2022 in die Atmosphäre ausgestossene Menge an Treibhausgasen entspricht 41.6 Mio. t CO2-Äquivalenten (nicht eingerechnet ist der internationale Flug- und Schiffsverkehr). Dies entspricht einem Treibhausgasausstoss von 5 t CO2-Äquivalente pro Kopf (davon CO2: 4 t pro Kopf).

Addiert man allerdings die durch Importgüter im Ausland verursachten Emissionen hinzu, beläuft sich das Total der jährlichen Pro-Kopf-Emissionen auf mehr als das Doppelte (ca. 13 t CO2-Äquivalente pro Kopf im Jahr 2021). Damit liegt der sogenannte Treibhausgas-Fussabdruck der Schweiz deutlich über dem weltweiten Durchschnitt von ca. 6 t CO2-Äquivalenten pro Person.

(Quelle)

Autofahren

Das Autofahren gehört für viele von uns zum Alltag und verursacht direkte CO2-Emissionen. Um die Auswirkungen eines einzelnen Autos zu verstehen, betrachten wir ein typisches europäisches Modell: den VW Golf 2.0 TDI.

Die hier verwendeten Emissionsdaten stammen aus einer Volkswagen-Publikation. Obwohl es wichtig ist, den Volkswagen-Emissionsskandal zu erwähnen, führen auch andere Quellen wie Wikipedia vergleichbare Werte für dieses Modell auf. Während die genauen Zahlen je nach Testbedingungen und Methoden leicht variieren können, ist die Grössenordnung sicher repräsentativ für diese Fahrzeugklasse. Es ist auch klar, dass grössere Fahrzeuge oder solche mit leistungsstärkeren Motoren in der Regel deutlich mehr CO2 ausstossen.

Laut den genannten Quellen produziert der Volkswagen Golf 2.0 TDI unter typischen Fahrbedingungen etwa 140 g CO2 pro Kilometer. Das heisst:

  • Pro 100 gefahrene Kilometer stösst das Auto 14 Kilogramm CO2 aus.
  • Um insgesamt 1 Tonne CO2-Emissionen zu erreichen, müssten 7.200 Kilometer gefahren werden.

Um diese Zahlen in den richtigen Kontext zu setzen: Der durchschnittliche europäische Autofahrer legt jährlich etwa 10.000 bis 20.000 Kilometer zurück. Das bedeutet, dass ein einzelnes Auto jährlich etwa 1,4 bis 2,8 Tonnen CO2 ausstösst.

Fliegen

Das Fliegen gilt allgemein als eine der umweltschädlichsten Fortbewegungsmethoden. Aber was bedeutet das für einzelne Passagiere? Lass uns das genauer betrachten.

Um die Emissionen des Luftverkehrs zu verstehen, habe ich das Online-Tool von myclimate.ch genutzt. Dieses Tool berechnet die CO2-Emissionen für einzelne Flüge unter Berücksichtigung von Faktoren wie Entfernung, Flugzeugtyp und Reiseklasse.

  • Langstreckenflug: Zürich nach New York (Hin- und Rückflug, Economy Class)
    Gesamtemissionen: 2,2 Tonnen CO2.
    Das ist ein signifikanter Beitrag zum jährlichen CO2-Fussabdruck einer Person und entspricht den Emissionen eines Autos, das fast 16.000 Kilometer fährt (bei einem durchschnittlichen Ausstoss von 140 g CO2 pro Kilometer).

  • Kurzstreckenflug: Bern nach Zürich (einfach, Economy Class)
    Gesamtemissionen: 120 Kilogramm CO2 für einen Flug von nur 100 Kilometern.
    Zum Vergleich: Dieser Kurzstreckenflug verursacht nahezu die gleiche Menge CO2 wie eine Autofahrt von 900 Kilometern.

Ein Server

Werfen wir nun einen Blick auf die Emissionen, die mit einem typischen Server verbunden sind. Als Beispiel habe ich den Dell PowerEdge R640 (2019) ausgewählt, basierend auf Berechnungen über einen Lebenszyklus von 4 Jahren (Quelle).

Die CO2-Emissionen eines Servers stammen hauptsächlich aus zwei Quellen:

  • Herstellung (16,6%)
    Dazu gehören die Gewinnung von Rohstoffen, Produktionsprozesse und die Montage. Beim Dell PowerEdge R640 macht dies einen erheblichen, aber kleineren Anteil der Gesamtemissionen aus.

  • Nutzung (83%)
    Der grösste Anteil der Emissionen im Lebenszyklus eines Servers kommt aus der Nutzung. Dies umfasst den Stromverbrauch während des Betriebs, der stark von der Energieeffizienz und der CO2-Intensität des Stromnetzes abhängt, in dem der Server betrieben wird.

Andere Faktoren wie Transport und die Entsorgung am Ende der Lebensdauer tragen nur minimal bei und werden im Vergleich oft als vernachlässigbar angesehen.

Über den Lebenszyklus von 4 Jahren hinweg betragen die Gesamtemissionen dieses Servers etwa:

  • 1,9 Tonnen pro Jahr
  • 7,7 Tonnen über die gesamte Lebensdauer

Diese Zahlen repräsentieren eine typische Konfiguration des Servers. Die tatsächlichen Emissionen können jedoch je nach Verwendungszweck und Arbeitslast erheblich variieren. Standardkonfigurationen für allgemeine Rechenaufgaben liegen im genannten Bereich. Hochleistungssysteme, wie sie beispielsweise für das Training von KI-Modellen oder datenintensive Anwendungen eingesetzt werden, können deutlich mehr Energie verbrauchen und dadurch wesentlich höhere Emissionen verursachen.

Ein Smartphone

Smartphones sind ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Lebens geworden, tragen aber auch über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu CO2-Emissionen bei. Um ihre Umweltauswirkungen besser zu verstehen, werfen wir einen Blick auf zwei beliebte High-End-Modelle: das iPhone 15 und das Samsung Galaxy S23.

Laut den jeweiligen Umweltberichten betragen die CO2-Emissionen dieser Geräte:

  • iPhone 15: 66 kg CO2
  • Samsung Galaxy S23: 58 kg CO2

Diese Zahlen berücksichtigen den gesamten Lebenszyklus der Geräte über drei Jahre hinweg. Im Gegensatz zu Servern, bei denen die Nutzung den grössten Anteil des CO2-Fussabdrucks ausmacht, dominiert bei Smartphones die Produktion.

Hier ein Beispiel für die Verteilung der Emissionen beim Samsung Galaxy S23: Samsung Galaxy S23 CO2 Emissions Split

Wie dargestellt, ist die Produktion der dominante Faktor. Dies unterstreicht die Notwendigkeit nachhaltiger Herstellungspraktiken und einer längeren Lebensdauer der Geräte. Es wird deutlich, wie wichtig es ist, die Lebensdauer von Smartphones zu verlängern. Durch die Nutzung eines Smartphones über 5 Jahre statt 3 Jahre kann der jährliche CO2-Ausstoss erheblich reduziert werden.

Obwohl die Emissionen eines einzelnen Smartphones gering erscheinen, summieren sie sich, wenn man die Milliarden von Geräten weltweit betrachtet. Zum Vergleich: 1 Tonne CO2-Emissionen entspricht etwa 17 Smartphones. Die weltweite Produktion von Smartphones macht einen erheblichen Anteil des CO2-Fussabdrucks der Technologiebranche aus und trägt auch zur Entstehung von Elektroschrott und zur Erschöpfung von Ressourcen bei.

Eine Website

Als letztes Beispiel werfen wir einen Blick auf die Emissionen einer beliebten Schweizer Nachrichtenwebsite, 20min.ch, und analysieren ihre Umweltauswirkungen mit dem EcoGrader Tool.

Laut EcoGrader (gemessen am 4. Dezember 2024):

  • Emissionen der Startseite: 3,24 g CO2 pro Aufruf
  • Emissionen einer Unterseite (Artikel): 1,46 g CO2 pro Aufruf

Diese Emissionen erscheinen für einen einzelnen Seitenaufruf gering, summieren sich jedoch schnell angesichts der grossen Reichweite der Website. Im Jahr 2021 berichtete 20min.ch von über 1,2 Millionen Nutzern pro Tag. Basierend auf dieser Zahl erzeugt allein die Startseite etwa 3,9 Tonnen CO2 pro Tag.

Durch die Fokussierung auf nachhaltiges Design und Hosting-Praktiken können selbst kleine Änderungen zu erheblichen Reduktionen der Emissionen führen, insbesondere bei stark frequentierten Websites wie 20min.ch. Dieses Beispiel unterstreicht die Verantwortung und die Chance, die wir als IT-Fachleute haben, eine führende Rolle bei der Reduzierung des digitalen CO2-Fussabdrucks einzunehmen.

Fazit

Die in diesem Artikel gezeigten Zahlen sollen ein besseres Verständnis dafür vermitteln, was 1 Tonne CO2 tatsächlich bedeutet und wie unsere täglichen Aktivitäten, vom Autofahren bis hin zur Nutzung digitaler Technologien, zu den globalen Emissionen beitragen. Während die CO2-Emissionen aus der IT abstrakt erscheinen mögen, haben sie greifbare Auswirkungen – und die gute Nachricht ist, dass wir als IT-Fachleute die Werkzeuge und den Einfluss haben, einen signifikanten Unterschied zu machen.

Wenn du in der IT arbeiten, hier drei Ansätze, um deinen CO2-Fussabdruck zu reduzieren:

  • Serverauslastung maximieren:
    Stelle sicher, dass Server mit hoher Effizienz arbeiten, indem du Arbeitslasten konsolidieren und Virtualisierung oder Cloud-Dienste effektiv nutzen. Unterausgelastete Server verschwenden Energie und Ressourcen.

  • Lebensdauer von Endgeräten verlängern:
    Entwickle Software, die auch auf älteren Geräten effizient läuft, um den Bedarf an häufigen Hardware-Upgrades zu reduzieren. Je länger ein Gerät genutzt wird, desto geringer ist sein jährlicher CO2-Fussabdruck.

  • Websites für Effizienz optimieren:
    Nutze Tools wie EcoGrader oder Globemallow, um Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren. Kleinere, schneller ladende Websites reduzieren den Energieverbrauch sowohl für Server als auch für Endnutzer.

Kleine Änderungen können, wenn sie im grossen Massstab umgesetzt werden, eine deutliche Wirkung haben. Zum Beispiel könnte die Optimierung einer stark frequentierten Website jedes Jahr Tonnen von CO2 einsparen, während hardwareunabhängige Software-Designs eine nachhaltige Nutzung von Geräten bei Millionen von Nutzern fördern.